Ein Platz für Elise und Otto Hampel!

Wann ist ein Platz ein Platz? Diese Frage ist nicht nur theoretisch, denn es gibt so einige Kreuzungen in Berlin, die den Namen Platz tragen, obwohl sie als solcher nicht erkennbar sind. Doch es geht auch anders, und wie schon so oft macht sich der Senat in Form der landeseigenen „Berliner Immobilienmanagement GmbH“ (BIM) mal wieder reichlich lächerlich. Ort der Komödie ist der Platz vor dem ehemaligen Rathaus Wedding in der Müllerstraße. Es gibt hier Bäume und Büsche, Bänke und Wege, einen Wegweiser zu den Partnerstädten. An warmen Tagen wird der Platz von zahlreichen Menschen zum Ausruhen oder Spielen genutzt. Er ist zwei Seiten vom Alt- und Neubau des einstigen Rathauses begrenzt, an der dritten Seite befindet sich ein Café und die vierte Seite ist schließlich die Müllerstraße, zu der sich der Platz öffnet.

Das Rathaus gibt es nicht mehr, der einstige Neubau wird derzeit zum Jobcenter umgebaut, auch am Platz selbst wird gewerkelt. Bald ist hier einiges neu. In der Zeitung „Ecke Müllerstraße“ wurde dazu aufgerufen, diesem Ort endlich einen Namen zu geben. Der Vorschlag war, ihn nach Elise und Otto Hempel zu benennen, die in der nahen Amsterdamer Straße gewohnt haben. Das Arbeiterehepaar leistete während der Nazizeit Widerstand, sie verteilten Postkarten gegen den Krieg und wurden schließlich hingerichtet. Hans Fallada schrieb über sie den Roman „Jeder stirbt für sich allein“. Der Vorschlag wurde aufgegriffen, es entstand eine Online-Petition, die Stadtteilvertretung schloss sich an, schließlich votierte auch die Bezirksverordneten-Versammlung für die Benennung.

Da aber trat die BIM, die das Grundstück verwaltet, auf den Plan und sagte Nein. Sie gab eine Pressemitteilung heraus, Zitat:

„Die Örtlichkeit (»Platz«) wird nicht durch Querstraßen oder Ähnliches von der Müllerstraße abgegrenzt. Die Örtlichkeit ist als eigenständiger Platz gar nicht erkennbar. Daher wird die Adressfindung bei einer Umbenennung erschwert, weil die Adressierung entlang der Müllerstraße, als deren Bestandteil die Örtlichkeit erscheint, unterbrochen würde. Eine Benennung sollte aber der Orientierung dienen.“

Das ist gleich mehrfacher Blödsinn. Wie soll ein Platz von geschätzt 50 x 50 Metern Größe nicht als solcher erkennbar sein? Wieso darf er nur ein Platz sein, wenn er noch von einer Querstraße begrenzt ist? Außerdem steht in Moabit das Rathaus Tiergarten am Mathilde-Jacob-Platz, ebenfalls auf einem Platz, der nicht von anderen Straßen außer der Turmstraße begrenzt ist.
Vor allem aber das Argument der Orientierung geht nach hinten los: Einige hundert Meter gibt es ebenfalls in der Müllerstraße bereits ein Jobcenter. Nur wenn die neue Filiale als Adresse einen eigenständigen Namen hat, ist eine Verwechslung ausgeschlossen.

Die Eigentumsverhältnisse machen das alles noch absurder, denn der Platz, der keiner sein darf, gehört teilweise gar nicht dem Land, sondern dem Bezirk. Trotzdem darf dieser nicht darüber entscheiden. Dabei stände es dem Senat nicht schlecht, gerade jetzt am 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus ein Zeichen zu setzen und ein Ehepaar zu ehren, das sein Leben im Kampf gegen die Diktatur gegeben hat. Auch ohne Querstraßen.

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