WEST:BERLIN

Vor wenigen Wochen fanden die Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag des Mauerfalls statt. In Ost-Berlin und der DDR fanden gab es ab 1989 in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft Umbrüche Aber auch für West-Berlin bedeuteten diese Ereignisse, dass eine Zeit zu Ende ging – auch wenn es den Menschen damals nicht so bewusst war. Die Jahrzehnte des Insellebens waren vorbei, die Tage von Berlinzulage und Sektorengrenzen gezählt. West-Berlin stand für Mampe und Schering, Bauskandalen und politischem Filz, alternativem Leben und scheinbürgerliche Spießigkeit. Wir West-Berliner fühlten uns immer als was besonderes. Und zumindest unsere Lebenssituation war ja auch ungewöhnlich, zumindest im Vergleich zu Westdeutschland, zu dem wir zwar gehörten, das für uns eigentlich aber ein anderes Land war, 200 Kilometer entfernt.
Die Zeit zwischen Luftbrücke und Mauerfall versucht nun eine Ausstellung im Ephraim-Palais in Mitte zu dokumentieren. Die interessante Ausstellung WEST:BERLIN mit ihren knapp 600 Objekten zeigt viele Bereiche, die heute längst in Vergessenheit geraten sind. Schon im Erdgeschoss stößt man auf ein Relikt der West-Berliner Industrie: Dem Amphicar, einem Auto, das auch im Wasser fahren konnte. Gerne haben wir es bewundert, wenn wir am Wannseestrand lagen und solch ein Wagen über die Havel an uns vorbei fuhr.
Die Ausstellung führt uns zurück ins gesellschaftliche Leben am Kudamm, den Empfängen am Hotel am Zoo, sogar ein originales Zimmer des erst in diesem Jahr geschlossenem Hotel Bogota ist aufgebaut.
Neben dem Glitzer der Berlinale-Feiern wird auch die andere Kultur gezeigt: Hippie- und Studentenkultur, Punk, Neue Deutsche Welle. Wir sehen die Proteste nach dem Mauerbau, aber auch die Kämpfe der West-Berliner Besetzerbewegung. Dokumente der Springerhetze und des Absperrens eines ganzen Stadtviertels durch die Polizei, dagegen der symbolische Mauerbau der Politszene quer über der Kottbusser Bücke.
Die Ausstellung steht unter dem Oberbegriff „Freiheit“ und gliedert sich in die Bereiche Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Viele der gezeigten Objekte, Fotos und Filmaufnahmen hat man schon gesehen, nie aber in dieser Intensität. Zwar fehlt der Austellung der „rote Faden“, ich wüsste aber auch nicht, wie der darstellbar wäre. Zu unterschiedlich waren die einzelnen Bereiche. Etwas zu kurz kommt der Kalte Krieg, immerhin war Berlin weltweit das Zentrum der Spionage und der sogenannten Schutzmächte.
Neben der Ausstellung werden zahlreiche Veranstaltungen angeboten, mit Themen wie „Glamour, Strip und falsche Brüste. Travestie in West-Berlin“, „West-Berliner Kabarettgeschichte(n)“ oder „Deutsche und Amerikaner in Berlin“, die aber größtenteils an anderen Orten stattfinden. Außerdem Führungen an historische West-Berliner Orte.
Ein Besuch der Ausstellung lohnt sich auf jeden Fall, wenn man das alte West-Berlin kennenlernen oder sich nochmal daran erinnern möchte!

WEST:BERLIN
Bis 28. Juni 2015
Ephraim-Palais
Mühlendamm / Poststraße 16 am Nikolaiviertel
www.west.berlin

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