Spezieller Fahrer

Ich weiß nicht, ob Zuhälter oder Mafiatypen besonders gern im Westend wohnen. Beim ersten Mal dachte ich ja noch an einen Zufall. Gestern aber stieg mir dort wieder solch ein Mensch ins Taxi ein. Wieder stiernackig, herrisch, diesmal aber kein Deutscher, sondern Türke. Er wollte nach Neukölln und als wir dort angekommen waren, lotste er mich zu einem Club, einem Mini-Bordell. Während der Fahrt sprachen wir nicht miteinander, er telefonierte ein paar Minuten, ansonsten jazzte das Radio vor sich hin.
Am Ziel angekommen reichte er mir einen 50-Euro-Schein: „Warte hier!“ Da erst die Hälfte auf dem Taxameter stand, war das kein Problem. Nach ein paar Minuten ging es weiter, es folgten noch ein Club, ein Wettbüro und eine blickdichte Bar. Danach wollte er zurück.
Es war früher Abend, die Hauptverkehrszeit vorbei, aber die Straßen noch relativ voll. Trotzdem fand ich immer ein Schlupfloch, um etwas schneller nach vorn zu kommen, so dass wir an keiner Ampel länger warten mussten. Als hinter mir das Blaulicht eines Krankenwagens auftauchte, gab ich Gas, anstatt wie alle anderen zu bremsen. So konnte der Wagen schnell an uns vorbei.
Natürlich lernen wir Taxifahrer es, uns zügig in der Stadt zu bewegen, leere Spuren zu nutzen, auf Kreuzungen um die wartenden Autos herumzufahren usw. Schnell vorwärts kommen, ohne zu rasen.
Wieder im Westend angekommen stand das Taxameter auf 65 Euro. Er gab mir noch einen zweiten 50er: „Stimmt so.“
Das großzügige Trinkgeld war aber nur das Intro zu einem besonderen Gespräch. Er wollte wissen, ob ich nicht Lust hätte, für ihn zu arbeiten. Sehr gutes Gehalt, sogar ohne Abzüge, nur ein paar Stunden am Tag, leicht verdientes Geld. Allerdings müsste ich kurzfristig abrufbar sein und den Mund halten können. „Es geht ja niemanden was an, wen du wann wohin fährst.“
Meine Begeisterung war wohl begrenzter, als erhofft. „Du hast einen gutes Fahrstil und ich brauche einen speziellen Fahrer. Du kriegst 3.000 im Monat auf die Hand. Wenn Du gut bist, noch mehr.“
Dass das kein wirklich seriöser Job ist, war klar. Aber den habe ich im Moment ja auch nicht. Mein derzeitiger Chef zahlt wenig, Urlaubsgeld oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es so gut wie nicht. Auch er macht nicht nur saubere Geschäfte, allerdings muss ich bei ihm nicht fürchten, in kriminelle Machenschaften mit hineingezogen zu werden.
Der Fahrgast bedauerte meine Absage, erhöhte sein Angebot noch auf 3 1/2 Tausend. „Falls du es dir doch noch anders überlegst, weißte ja, wo du mich findest.“
„Na, mal schauen.“

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6 Kommentare

  1. Mensch Aro!
    Jetzt mal unabhängig von diesem „unschlagbaren“ Angebot: Kehr‘ deinem Chef doch endlich den Rücken zu! Bessere als diese gibt es doch auf jeden Fall, man hat doch Auswahl in Berlin!
    Gerade Du bist doch nicht der Typ, der sich aus Bequemlichkeit auf beschissene Leute einlässt – so schätze ich Dich zumindest ein.
    Im Ernst: Ich finde es traurig, Dich da so genervt zu sehen. :(

  2. Hm,
    klingt aber doch ein wenig Traurigkeit mit in der Antwort.

    Ich kenne das auch – manchmal muß man ganz schön viel Energie aufbieten, um sich aufzuraffen. Hier scheint es sich doch aber zu lohnen, lieber Aro. Also Kräfte sammeln und aufraffen! ;)

  3. Na ja, ich bin auch schon auf der Suche. Aber letztendlich will ich ja was finden, wo es unterm Strich besser ist. Das ist nicht mehr ganz so einfach :-(

  4. Ok,
    sieht ja zumindest so aus, als ob du dann schon suchst. Das kann lang dauern, ganz besonders, wenn man dann bestimmte Dinge beim neuen AG nicht haben will, die man vorher hatte. Oder umgekehrt.

    Viel Erfolg.

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