Blockwart

Später Abend, Rüdesheimer Platz. Hier befindet sich eine der wenigen öffentlichen Toiletten, in denen man sich auch die Hände waschen kann und die trotzdem kostenlos sind.
Alle Parkplätze sind besetzt, nur gegenüber des U-Bahn-Eingangs sind zehn Meter frei. Das Halteverbot soll sicherstellen, dass sich die Fußgänger hier nicht zwischen die Autos durchzwängen müssen, um zum Bahnhof zu kommen. Nachts halte ich immer genau dort, weil dann eh keine Bahn mehr fährt. Und weil die Toilette gleich daneben ist. Es gab in all den Jahren auch nie Probleme, auch nicht mit der Polizei, denn sie sehen ja, dass niemand behindert wird und ich sowieso gleich wieder weg fahre. Aber diesmal war es anders.

Kaum war ich lange nach Mitternacht aus dem Auto gestiegen, als ein Pärchen ankam. Die Frau sagte,  dass dort Halteverbot sei. „Bin gleich wieder weg“, antwortete ich.
„Nein, Sie fahren sofort weg“, herrschte sie mich an.
„In solchem Befehlston ganz sicher nicht“, sagte ich und verschwand im Klohäuschen.

Als ich zwei, drei Minuten später wieder raus kam, sah ich, wie der Mann das Auto gerade fotografierte. Ich tippte mit dem Finger an die Stirn und lachte, sofort übernahm die Frau wieder das Kommando. „Sie brauchen gar nicht so dämlich zu grinsen, die Sache hat ein Nachspiel!“
Er unterstützte sie mit einem Schwall von Anklagen, dass sich niemand mehr an die Gesetze halten würde, am wenigsten die Taxifahrer, alle würden immer krimineller und bla.
Ich stand wortlos da, grinste weiter dämlich und staunte über dieses Schauspiel.
„Und Sie…“, sagte die Frau und zeigte mit dem Finger auf mich, „Sie gehören genauso zu dieser Bande!“

Eigentlich wollte ich ja nicht beleidigend werden, aber dann konnte ich mir die Frage doch nicht verkneifen: „Sind sie hier die Blockwarte?“
„DAS IST JA WOHL EINE FRECHHEIT“, schrie sie mich an und kam drohend auf mich zu. Wieder musste ich lachen, was sie nun völlig zum Ausflippen brachte. Sie versuchte mir ins Gesicht zu schlagen, aber so langsam, dass ich ihre Hand greifen konnte und fest zudrückte. Gleichzeitig stieß ich sie ein Stück zurück, hielt sie aber gleichzeitig noch am Unterarm fest, so dass sie nicht umfallen konnte. In meinem bösesten Ton sagte ich: „Jetzt reichts!“ und schaute sie gleichzeitig drohend und wohl ziemlich hasserfüllt an. Ich war ja wirklich wütend, weil sie mich angreifen wollte. Offenbar war ich ganz überzeugend, denn nun trat sie ein paar Schritte zurück. Zwar versuchte der Mann noch, mir mit erhobenen Fäusten entgegenzutreten, aber ein wirklich lautes „UND WAS WILLST DU?“ ließ ihn zur Vernunft kommen.

Ich stieg ein und fuhr weg. Und mir wurde wieder mal klar, dass der alte Kinofilm „Taxi Driver“ gar nicht so unrealistisch war. Die Anzahl der Honks in dieser Stadt ist wirklich beeindruckend.

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