Kindermund

Zwar bin ich nicht gerade für meine Kinderfreundlichkeit bekannt, aber manche Exemplare bringen mich schon zum Lachen. Vor allem, wenn Sechs- oder Achtjährige beginnen, zu philosophieren.
Ingrid war so eine (ich habe auch keine Ahnung, wieso Eltern ihre Tochter so nennen. Aber immer noch besser als Brunhilde). Offenbar war das Thema Taxi schon vor dem Einsteigen aktuell, denn nach dem „Guten Tag“ legte Ingrid gleich los: „Bist du glücklich?“, wollte sie von mir wissen. Mein zögerliches „Na ja…“ nahm sie sofort zum Anlass, mich darüber aufzuklären, dass ich schließlich den tollsten Job hätte, den es überhaupt gibt. Den ganzen Tag in der Gegend rumfahren wäre doch cool, ständig so tolle Leute wie sie im Auto zu haben, Musik hören und immer reden zu können…
„Und dann kann man auch immer bei Rot fahren!“ Ich musste laut lachen: Ne, das ist nur ein Taxi, kein Polizeiwagen. Die dürfen das, ich nicht.“
„Papa hat aber gesagt, dass die Taxifahrer alle wie die Idioten fahren und auch bei Rot!“
Plötzlich war der Papa, der direkt hinter mir saß, ganz ruhig, dabei hatte er eben noch gelacht.
„Nicht alle Taxifahrer, Schatz“, sagte er leise – wohl eher zu mir als zu seiner Tochter.

Auch der vielleicht sechsjährige Junge war nicht schüchtern. Er fragte mich aus, wieviel Straßen ich kenne; wieviele es in Berlin gibt; woher ich ausgerechnet weiß, wo seine Straße ist; wieviel Fahrgäste ich schon hatte; ob ich schon mal zu meiner eigenen Straße musste und ungefähr tausend weitere Fragen. Auch er war vom Taxifahrerberuf begeistert und fragte mich, ob er später auch mal mit diesem Taxi fahren darf. Ich sagte Ja, und dass er sich dann aber bei meinem Chef melden müsste.

Etwa im gleichen Alter war das rothaarige Mädchen mit dem schwäbischen Akzent. Nach ein paar Minuten Fahrt fragte sie ihre Eltern, warum plötzlich überall Plakate mit Gesichtern rumhängen.
Sie erklärten ihr, dass es bald eine Wahl gäbe und dies die Kandidaten seien, die gerne gewählt werden wollen. Aber zufrieden war sie damit nicht: „Und warum nehmen die dann keine schöneren Politiker und nicht nur die hässlichen?“
Gute Frage.

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2 Kommentare

  1. Ich finde „Kindermund“ oft schön, da er noch recht ungetrübt von sozialen Verhaltenskorsetten ist und so Leuten in eingefahrenen Geleisen (sprich Erwachsenen) neue Blickwinkel bietet und einen Spiegel vorhält.

    Zu den Politikern: Die Piraten haben (zumindest in meiner Region) eine recht attraktive Frau aufgehängt.

    (Wie sagt Hans-Eckardt Wenzel so schön: Der Wahlkampf ist die schönste Zeit des Jahres. Da hängen die Politiker an Straßenlaternen und Bäumen. ;) )

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