Grüne Märchenstunde

Grüne MärchenstundeIn diesen Tagen ist viel von den 68ern die Rede, 40 Jahre danach. Manche von ihnen wurden Außenminister oder Terroristen, einige landeten bei den Neonazis, andere gelten bis heute als links, trotz Bombenanschlags auf eine Veranstaltung im Jüdischen Gemeindehaus Berlin. Viele aber gründeten zwölf Jahre nach 1968 die Partei „Die Grünen“. Sie standen von Anfang an vor allem für zwei Dinge: Für Gewaltlosigkeit und Ökologie. Und die Grünen galten immer als links. Viele Ex-68er konnten sich mit der SPD von Helmut Schmidt nicht mehr arrangieren und mit den zig kommunistischen Politsekten wollten sie es nicht. So wurden die Grünen zur einzigen Alternative, erst recht nach der „moralischen Wende“ durch die Kohl-Regierung 1982. Und die CDU war auch stets der Hauptgegner der Partei, das beruhte auf Gegenseitigkeit. Im Bundestag gab es hässliche Ausfälle in beide Richtungen, in den Ländern wurde teilweise überhaupt nicht mehr miteinander gesprochen.
Grünen-Anhänger zeichnen sich ja durch eine an Masochismus grenzende Leidensfähigkeit aus. Sie zerfleischten sich auf kafkaest anmutenden Parteitagen, sie schluckten den vom Sponti zum Außenminister mutierten Fischer und dass er der Partei den Bundeswehreinsatz im Kosovo aufzwang.
Und nun? Gestern beschlossen die Grünen und die Schwarzen in Hamburg eine gemeinsame Regierung: „Das ist heute der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“. Sie bilden eine Koalition, ausgerechnet dort, wo die Grün-Alternative Liste fast die größten Kämpfe gegen die CDU fochte, Hafenstraße, Mühlenberger Loch, alles vergessen.
Man schaut verwirrt zu, was ist das jetzt? Macht um jeden Preis oder der realistische Versuch, „grüne Inhalte“ im Senat durchzusetzen? Das hat schon in Berlin nicht geklappt, derzeit verschwindet hier die Linkspartei.PDS im Berliner Senat. Und tatsächlich wurden die wichtigsten Themen entweder vertagt und gar nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen oder so verschwommen formuliert, dass man darunter alles verstehen kann. Bei den beiden Hauptthemen Elbvertiefung und Bau eines neuen Kohlekraftwerks haben die Grünen schon jetzt verloren, sie werden sich auch daran gewöhnen.
Mir tun vor allem diejenigen leid, die extra die Grünen gewählt haben, damit die CDU nicht mehr das Sagen hat im Hamburger Rathaus. Sie werden wieder mal verarscht und nächstes mal sicher gar nicht mehr zur Wahl gehen. Denn vor der Wahl ist nur noch Märchenstunde.

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1 Kommentar

  1. Wenn man sich den Koalitionsvertrag insgesamt anschaut, hat eher die CDU verloren – und zwar ganz massiv. Was da an grünen Inhalten drinsteht, die teiweise frisch von 1968 übernommen worden sind, ist schon enorm. Und das werden auch die Wähler der nicht ganz so konservativen Hamburger CDU nicht so schnell vergessen.

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