Kein Sextaxi

Drei Wochen Urlaub vorbei, eine halbe Stunde Warten am Taxistand, und schon hat mich die Realität eingeholt. Und zwar die, dass manche Leute offenbar nicht zwischen Taxifahrern und Prostituierten unterscheiden können. Dabei trage ich im Auto weder Netzstrümpfe oder kurze Röcke, noch bin ich aufdringlich geschminkt. Trotzdem machte mir gleich mein erster Fahrgast eindeutige Angebote, er wollte es sogar auf der Toilette des VIP-Bereichs am Flughafen Tegel treiben. Bis dahin wusste ich nicht mal, dass es dort einen solchen Bereich überhaupt gibt.

Nun entspreche ich äußerlich nicht gerade dem gängigen Schönheitsideal, sehe eher Siegmar Gabriel ähnlich, als Brad Pitt. Trotzdem kommt es ab und zu vor, dass mich Fahrgäste beiderlei Geschlechts in ihr Schlafgemach oder wenigstens auf das Airportklo lotsen wollen. Und wenn ich nicht möchte, kommt es auch schon mal zu Diskussionen darüber. Ich bin auch nicht grundsätzlich abgeneigt, schließlich lebe ich nicht in einer Beziehung, die ich durch’s Fremdgehen gefährden könnte. Doch von einer Ausnahme abgesehen hat es in über zehn Jahren kein Fahrgast geschafft, mich von seinen Vorzügen so sehr zu überzeugen, dass ich unbedingt mehr wollte.
Und dann kommt eben manchmal der Hinweis, dass es ja nicht umsonst sein muss. Es wundert mich immer wieder, dass Leute bereit sind, für Sex mit einer 50-jährigen Mischung aus Obelix und dem Glöckner von Notre Dame Geld zu bezahlen.

Der Mann gestern Abend jedenfalls kam gleich nach dem Einsteigen zur Sache. Nach nur einer Minute Fahrt hatte er mich bereits als „total süß, lieb und sexy“ bezeichnet. Ob ich denn – „grundsätzlich betrachtet“ – Interesse an einem „schnellen sexuellen Abenteuer“ hätte. Meine Antwort „Kommt drauf an, mit wem“ sollte ihn eigentlich auf Abstand halten. Er sah das aber als Einladung an: „Mit mir natürlich!“
Ich lehnte ab, was er mit der Frage „Sind 50 Euro okay?“ konterte. Meine Antwort „Sagen wir 5.000!“ gefiel ihm nicht.
In Tegel angekommen zahlte er genau den Fahrpreis und grummelte beim Aussteigen: „Was man sich alles gefallen lassen muss…“
Wenigstens in diesem Punkt stimmten wir überein.

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2 Kommentare

  1. Also so direkt war die Kundschaft bei mir noch nie. Sonst kann ich ja nur bestätigen, dass man irgendwie als Freiwild angesehen wird – und bei meiner Schöpfung war der Adonis-Knopf zweifelsohne auch auf „off“ gestellt…

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