Linkes Drama

Es ist wirklich nicht zu verstehen, was sich da in der Linkspartei tut. Sie zerfleischt sich bis in die höchsten Ebenen selbst. Mitglieder der Bundestagsfraktion, Funktionäre und Angestellte bezeichnen sich gegenseitig als „Arschloch“, Führungsmitglied Diether Dehm setzt sogar eine gerichtliche Unterlassungserklärung gegen Rosemarie Hein durch, die ebenfalls im Vorstand sitzt – verstößt sie dagegen, muss sie eine viertelmillion Euro zahlen. Vor allem die Person Klaus Ernst steht im Zentrum der Streitereien. Der bayrische Porschefahrer wird von vielen ostdeutschen Mitgliedern als Parteichef abgelehnt. Seine Co-Vorsitzende Gesine Lötzsch hat andere Feinde, die ihr Fundamentalismus, DDR-Verklärung und Verharmlosung der Stasi vorwerfen. Sicher nicht zu Unrecht, wie einige Vorfälle in der Vergangenheit zeigen. Dass Ernst kürzlich in einer Sitzung einen sächsischen Abgeordneten zusammenbrüllte, war für die ostdeutschen Mitglieder zu viel – sie verließen das Treffen.

Dabei ist der letzte große Streit noch nicht lange her. Erst im Frühjahr wurde einem Teil der Partei vorgeworfen, antisemitisch zu sein. Auf der Website eines NRW-Kreisverbands der Linken konnte sogar ein Flugblatt heruntergeladen werden, auf dem der David-Stern mit einem Hakenkreuz verflochten war. Abgeordnete der Linkspartei nahmen im vergangenen Jahr an einer angeblich humanitären Aktion teil, die von Hamas-Sympathisanten initiiert worden war, deren offen judenfeindliche Miliz wird als „antiimperialistisch“ bezeichnet. Linken-Funktionäre hetzen gegen Israel und lassen dabei keinen Unterschied erkennen zwischen antisemitischer Hetze und Kritik an der Politik des Staates Israel.
Bis heute ist es der Linkspartei nicht gelungen, eine einheitliche Position dazu einzunehmen. Stattdessen werden halbherzige Erklärungen abgegeben, denen dann schon aus den eigenen Reihen widersprochen wird.

Die Lage der Linkspartei ist katastrophal. Wie schon ihre historischen Vorbilder gefällt sie sich in Flügelkämpfen um die richtige Linie. Dabei wäre eine funktionierende, wirklich linke Partei notwendig, seit sich die SPD unter Gerhard Schröder konsequent für eine bürgerliche und kapitalfreundliche Politik entschieden hat. Keine Partei vertritt heute noch glaubwürdig die Interessen der armen Leute, der Sozialopfer, Niedriglohnarbeiter, Arbeitslosen und verarmten Rentner. Das untere Viertel der Gesellschaft hat keine politische Lobby.
Nötig wäre das allemal, doch die Linkspartei ist dazu nicht in der Lage. Stattdessen wächst die Gefahr, dass sich rechtsextreme Parteien als Vertreter der sozial Schwachen anbieten, in manchen ländlichen Gegenden sind sie damit bereits sehr erfolgreich. Als Partei, die „vom System“ verfolgt wird, buhlt z.B. die NPD um die Stimmen von Wendeverlierern in Ostdeutschland. Sie bieten Lösungen an, die Deutschland schon einmal in den Abgrund getrieben haben, doch oft sind sie die einzigen, die vor Ort überhaupt etwas machen. Dass ausgerechnet die Linkspartei den Nazis das Feld überlässt, ist doppelt bitter. Aber es zeigt auch, wie schlimm es um sie bestellt ist. Nur lernen tut sie aus dem Dilemma nicht.

Laut ihrem neuen Programm wollen die Linken einen Systemwechsel. Das muss nicht schlecht sein, denn das jetzige System zeigt täglich, dass es nicht in der Lage ist, alle Menschen zu ernähren, Kriege um Rohstoffe zu verhindern und einigermaßen gerechte Gesellschaften zu errichten. Die Linkspartei ist die einzige, die sich noch nicht endgültig mit dem bestehenden System abgefunden hat. Aber wenn man so manche Funktionäre dieser Partei hört, dann möchte man denen den Aufbau einer anderen Gesellschaftsordnung lieber auch nicht anvertrauen.

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