Seine Heiligkeit und der Rocker

So genau kenne ich mich ja nicht aus mit den arabisch-moslemischen Doktortiteln. Und ob sie überhaupt echt sind, kann ich erst recht nicht einschätzen. Man ist da ja misstrauischer geworden in letzter Zeit.
Aber es sah schon beeindruckend aus, als ich an der feinen Pizzeria in Mitte ankam und eine Traube von rund zehn Mann auf das Taxi zukam. Es waren tatsächlich alles Männer, alle dunkel gekleidet. In ihrer Mitte schritt, ja stolzierte, ein rund zwei Meter großer, alter, dünner Mann mit langem Bart und in hellbeigem Kaftan. Dazu eine passende Kopfbedeckung und einen geschnitzten Stock in der Hand. Er wirkte wie eine Mischung aus Jesus und Osama bin Laden, dem er wirklich sehr ähnlich sah, jedenfalls als der noch lebte. Die Männer um ihn herum benahmen sich unterwürfig, einer schob sogar ein Blatt auf dem Boden weg, dann öffnete er dem Meister die Tür zum Beifahrersitz. Nachdem der im Auto Platz genommen hatte, schlossen seine Fans vorsichtig die Tür. Er ließ das Fenster runter und einer küsste ihm die Hand. Es war schon recht unwirklich. Drei Männer stiegen ebenfalls ein, dann fuhren wir zu ihrem Hotel Richtung Charlottenburg.

Ich bat den Mann neben mir, sich anzuschnallen, weil sonst ein Alarm losgeht, der sehr laut wird. Doch er verstand mich nicht, blickte mich aber lächelnd an. Als es bereits laut piepte, gurtete er sich an, was wegen seines Stabs etwas umständlich war. Dann legte er seine Hand auf meinen Arm: „Gut Mann“ und lächelte wieder.
Dieser Mann war offenbar ein sehr wichtiger Mensch für die anderen. Einer von ihnen sprach etwas Englisch und ich versuchte herauszufinden, woher sie kamen und wer der Bärtige neben mir ist. Eigentlich wollte ich fragen, ob er ein Kalif ist. Weil mir aber gleichzeitig noch das Wort „Wesir“ im Kopf herumging, fragte ich stattdessen: „Ist der Mann ein Kefir?“ Glücklicherweise hat er mich nicht verstanden und ich beendete das Gespräch lieber.
Die Situation wurde dann eh noch skurriler, als alle vier zu diskutieren anfingen. Nicht so laut, wie Araber es manchmal tun, und so konnte ich zwei Worte ganz gut verstehen, die sie immer wieder sagten: „Marilyn Manson“. Wem das kein Begriff ist: Marilyn Manson ist eine Hardrock-Band aus den USA, deren Musiker oft grell geschminkt sind und die in einigen Städten Auftrittsverbot haben.
Zuerst dachte ich natürlich, ich hätte mich verhört, aber dann wiederholte Osama es ganz langsam. Dabei schaute er zu mir herüber und lächelte mich wieder an.
Langsam wurde mir das alles unheimlich, weil ich mir aufgrund meiner wirklich schlechten Arabisch-Kenntnisse nicht erklären konnte, wie der Kalif sich, Marilyn Manson und mich zusammenbringen konnte.

Wir waren dann auch schnell am Ziel und als wir am Hotel ankamen, warteten dort wieder einige Männer, die sofort die Tür öffneten, ihm langsam heraus halfen und seine Hand küssten.
Und ich fuhr weiter, in dem Bewusstsein, jemand total wichtiges im Taxi gehabt zu haben. Blöd nur, dass ich nicht weiß, wen. Aber Marilyn Manson war es definitiv nicht.

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3 Kommentare

  1. Was ist denn so ungewöhnlich daran, während der Taxifahrt einen Musikwunsch zu äußern?
    Opachen wollte halt ein bisschen die Sau rauslassen.

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