Nazis und ihre Freunde

Es ist schon merkwürdig: Wenn jemand aus einem anderen Land kommt, aber die deutsche Staatsbürgerschaft hat, wird er von Rechtsextremisten trotzdem als Ausländer angesehen. Er hat ja keine „arischen“ Wurzeln. Als aber am Sonntag in Chemnitz ein Deutsch-Kubaner von zwei vermutlich aus Syrien und Irak stammenden Flüchtlingen getötet wurde, beklagten die Faschisten den Tod des Deutschen. Wenn es ihnen nützt, sind sie plötzlich nicht ganz so genau.

Was dazu geführt hat, dass der Mann erstochen wurde, ist noch nicht bekannt. Das hinderte aber die AfD nicht daran, zu einem Protest in Chemnitz aufzurufen. Und natürlich liefen dort etliche Neonazis mit, die Medien sprechen von 800 Demonstranten. Viele von denen gingen aber im Anschluss an die Demo auf Menschenjagd. Wer aussah, als könnte er ein Migrant sein, wurde angegriffen, geprügelt und durch die Stadt gejagt. Es waren Szenen, wie sie immer wieder vorkommen, wenn der „Volkszorn“ erstmal richtig angestachelt worden ist.

Die Polizei, die in Sachsen sowieso oft ihre Sympathie mit Rechtsradikalen zeigt, schritt nur zögerlich ein. Erst recht am nächsten Tag, als etwa 6.000 Hooligans und Neonazis in Chemnitz randalierten. Die Polizei ließ sie stundenlang gewähren, um „die Versammlungsfreiheit zu schützen“, wie sie später mitteilte. Die Nazis konnten wieder Hetzjagden veranstalten, den Hitlergruß zeigen und faschistische Parolen brüllen. Reporter, Antifaschisten und vermeindliche Flüchtlinge wurden massiv bedroht und teilweise angegriffen. Versammlungsfreiheit im sächsischen Sinn.

Eine Tat wird zum Vorwand genommen, um diejenigen zu jagen, die „anders“ sind. Und der deutsche Pöbel solidarisiert sich auch mit denen, schreit Parolen. Im „besten“ Fall verharmlost er die Geschehnisse.
Wie der Berliner Fraktionschef der FDP, Sebastian Czaja, der die viel zu wenigen Antifaschisten, die am Montag demonstrierten, mit den Nazis gleichsetzte: „Antifaschisten sind auch Faschisten“ twitterte er. Nichts aber dazu, dass es purer Rassismus ist, der die Rechtsextremisten auf die Straße trieb.
Sein Parteigenosse Wolfgang Kubicki, immerhin stellvertretender Parteichef, nahm die Neonazis sogar in Schutz: „Die Wurzeln für die Ausschreitungen liegen im ‚Wir-schaffen-das‘ von Kanzlerin Angela Merkel“, sagte Kubicki, als ob das die Hetzjagden gegen Migranten rechtfertigen würde.

Nein, die Nazis waren auch schon vor Merkel scheiße. Sie nutzen lediglich solche Vorkommnisse, um sie zum Anlass für ihre Hetze zu nehmen.
Wenn Czaja und Kubicki meinen, mit dem Rangeschleime an Rechtsextremisten der AfD Stimmen abluchsen zu können, irren sie sich. Sie können damit vielleicht die Stimmung im Land weiter nach rechts drücken, aber profitieren werden davon die AfD und die Neonazigruppen.

Dass die AfD sich an der Hetze in Chemnitz aufgeilt, ist klar. Hans-Jörg Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, bezeichnete die Krawalle als „Bürgerproteste“, auf die er stolz sei. Der Berliner Abgeordnete Thorsten Weiß nutzt sogar offene NS-Parolen und schreibt: „Des Volkes Zorn bricht sich Bahn.“

Wieder einmal wird die Tat eines Migranten dazu genutzt, um gegen alle vorzugehen, die als Flüchtlinge in Deutschland leben. Es ist das gleiche Schema, das es in diesem Land schon einmal gab. Wären die Täter aber Deutsche gewesen, hätte sich kein Nazi und kein FDP-Politiker darüber beschwert.

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9 Kommentare

  1. Wenn ein paar Idioten sich dem Trauermarsch anschließen und Scheißhausparolen grölen sind alle Beteiligten Nazis. Wenn der schwarze Block Steine und Molows wirft sind es Aktivisten die für das gute sind . Ansonsten vermisse ich noch Bilder und Videos von der Menschenjagt. Ansonsten gehe ich mit dir konform das solche Geschehnisse instrumentalisiert werden, von beiden Seiten.

  2. Die Bilder der Hetzjagden findest Du leicht. Und ja: Am Montag waren es mehrere tausend Nazis, Hooligans und Unterstützerpack – und nicht nur ein „paar Idioten“. Dass Du solchen Terror verharmlost, ist ja mittlerweile bekannt. Genau wie die Behauptung, ein angeblich schwarzer Block hätte Steine und Mollies geworfen. Dort gab es ein paar hundert Jugendliche und Bürger, die offen demonstriert haben, obwohl sie wissen, dass ihnen das im Alltag Ärger von der Nazis einbringen wird.

  3. …und in der Berichterstattung ist jetzt jeder (Gegen-)Demonstrant ein Linker(Chaot). So macht man Meinung heute und damals. Scheiß (Lügen-)Presse…
    Und die Polizei war „überumpelt“. Also wir wussten von den Planungen der Rechten für eine Menschenjagt, oder? Rechtsstaat olé!

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