Wer sind die Bösen?

Wer sind die Bösen?Auf dem Pariser Platz in Berlin demonstrieren sie mit palästinensischen Fahnen und Schildern, die den Davidstern mit Hakenkreuz zeigen: 2000 arabische Immigranten und Flüchtlinge protestieren gegen den Angriff der israelischen Armee in Gaza. Wehe dem, der dort Fragen stellt, man wird gleich als „Zionist“ beschimpft, selbst wenn man nicht mal Jude ist. Fragen werden nicht mehr zugelassen, nicht in Berlin und nicht in Nahost. Jetzt ist die Zeit der Konfrontation, und das Zentrum liegt auf einem winzigen Stück Welt: Der Gazastreifen ist nur so groß wie das einstige Ost-Berlin ohne Treptow-Köpenick, doch die Rauchwolken die dort seit Beginn der Luftangriffe vor vier Tagen aufsteigen, sieht man auf der ganzen Erde. Mit aller Kraft prallen die beiden Seiten aufeinander, nur scheinbar ist Israel mit seiner starken Armee im Vorteil.

Dass es soweit gekommen ist, überrascht nicht. Schon seit Monaten zeichnete sich die Eskalation ab. Israel als starke Macht beklagt, dass von Gaza aus immer wieder Raketen auf ihr Staatsgebiet abgefeuert wurden, vor allem die Dörfer in der Grenzregion waren Ziel der Angriffe. Man reagierte mit Schließung der Grenze, mit einem Boykott, die extremistische Hamas-Organisation, die die Macht in Gaza hat, beklagte den angeblichen Versuch Israels, den Streifen auszuhungern. In Gaza konzentriert sich nun ein Streit, der über 3000 Jahre alt ist, seit der Gründung Israels 1948 und dem 6-Tage-Krieg 1967 aber ständig aktuell. Die Palästinenser fühlen sich ausgegrenzt, vertrieben und unterdrückt, viele von ihnen radikalisieren sich. Daraus entstand Terrorismus, auch dies kein neues Problem, wie wir seit dem Massaker von München im Jahr 1972 wissen.

Wer hat nun recht? Gibt es überhaupt eine Seite, die im Recht ist? Juden und Moslems argumentieren, dass sie den historischen Anspruch auf dieses Land haben, nicht nur auf Gaza, sondern auf ganz Israel. Die einen waren hier vor 500 Jahren, vor 1000, die anderen vor 2000, auch die Christen haben hier viele heilige Stätten. Wie also wollte man hier Gerechtigkeit schaffen? 1948 hat die UNO die Gründung den neuen Staats Israel auf dem Territorium von Palästina beschlossen. Das Westjordanland und auch der Gazastreifen gehörten damals nicht dazu. Diese wurden besetzt, als die umliegenden Staaten Israel mit Militärgewalt auslöschen und „die Juden ins Meer“ treiben wollten. Israel war stärker, gewann den Krieg, besetzte die Gebiete, vor allem zum eigenen Schutz.
Anders als in den ersten Jahrzehnten begann Israel in den 90er Jahren, auf die Palästinenser zuzugehen. Verhandlungen mit Yassir Arafat führten schließlich zur Einrichtung einer Autonomiebehörde, den Palästinensern wurden weite Gebiete in Selbstverwaltung überlassen. Die meisten jüdischen Siedler mussten im August 2005 ihre Dörfer räumen. Im Juni 2007 vertiefte sich die Spaltung der Palästinenser in einen radikalen und einen gemäßigten Flügel. Während die Fatah den Aufbau des autonomen Gebietes in Nachbarschaft zu Israel vorantrieb, konzentrierte sich die Hamas mit ihren Angriffen auf Israel. Im Gazastreifen hatte sie bei der Wahl die Mehrheit errungen und kündigte die Zusammenarbeit mit der Autonomiebehörde auf. Fatah-Anhänger wurden aus Gaza vertrieben, bei dem Putsch kamen Dutzend Menschen ums Leben. Seitdem versucht die Hamas in Gaza einen eigenen Staat zu errichten.

Trotz der zahlreichen Angriffe von Hamas-Kämpfern in den vergangenen Monaten hat Israel immer wieder Lebensmitteltransporte nach Gaza gebracht, um eine Hungersnot zu verhindern. Auch medizinische Hilfe und Öl für die Energieversorgung wurden durchgelassen, trotz der feindlichen Haltung des Hamas-Regimes gegen seinen jüdischen Nachbarn. Selbst jetzt, während in Gaza-Stadt der Krieg tobt, fahren zeitgleich im Süden LKWs mit Lebensmitteln über die Grenze. Während die Hamas Israel versuchten Völkermord vorwirft, lässt es die eigenen Bürger im Stich.
Natürlich ist Krieg keine gute Lösung, schon allein deshalb, weil er immer auch die Zivilbevölkerung trifft. Nicht jeder Palästinenser ist Hamas-Anhänger, aber leiden tun sie alle darunter. So wie nicht alle Deutschen Nazis waren und trotzdem den Bombenhagel der Alliierten über sich ergehen lassen mussten.
Wenn die israelische Außenministerin sagt, dass sie zivile Opfer vermeiden wollen, dann ist das natürlich Propaganda oder Naivität, denn so etwas ist kaum möglich. Doch sie sagt auch, dass die Angriffe unvermindert weitergeführt werden, bis die Hamas geschlagen ist. Das wird so nicht funktionieren, da es sich nicht um eine reguläre Armee handelt, aber schon einmal hat Israel gezeigt, dass es sehr wohl in der Lage ist, sich auch gegen Guerillaterror zu wehren. Mit der Besetzung des Libanons 1982 vertrieb sie die PLO, erlitt aber gleichzeitig eine moralische Niederlage: Bomben auf Gaza-StadtUnter dem Schutz der israelischen Armee konnten christliche Falangisten in zwei Beiruter Flüchtlingslagern 2000 Palästinenser massakrieren.

Was aber blieb Israel diesmal für eine Wahl? Die Hamas hatte sich geweigert, den Waffenstillstand zu verlängern und beschoss israelische Ortschaften mit über 1000 Raketen. Natürlich muss sich das Land dagegen schützen. Mit der gezielten Bombardierung von Hamas-Einrichtungen soll versucht werden, deren Infrastruktur zu zerstören. Einen Guerillakrieg wird man damit sicher nicht verhindern können, letztendlich ist es für den jüdischen Staat eine Falle. Denn schon schreit alle Welt auf, aber warum erst jetzt, und nicht schon beim Beschuss der israelischen Dörfer?

Israel wird diesen Krieg weiter führen, nicht nur aus der Luft, sondern auch mit Bodentruppen, es wird ihm nichts anderes übrig bleiben. Denn noch immer ist es von Ländern umgeben, die den Staat vernichten und die Juden aus der Region verbannen wollen. Zwar sind Jordanien und Ägypten derzeit nicht auf Konfrontationskurs, aber das kann sich auch schnell wieder ändern, wenn dort andere Kräfte an die Macht kommen. Dies gilt genauso für den Libanon, für Syrien, auch für das Westjordanland. Ob diese Staaten, ob die Hamas oder die Hisbollah, Israel ist umgeben von Feinden, seit seinem Bestehen. Dabei wissen etliche Palästinenser eines zu schätzen: Anders als alle anderen Staaten im Nahen Osten ist Israel eine Demokratie, mit einem frei gewählten Parlament, mit einer demokratisch kontrollierten Regierung. Dort darf auch jeder Staatsbürger zur Wahl gehen, egal ob Jude, Moslem oder Christ. So ist es verständlich, dass islamistische Extremisten gegen diesen Staat sind. Aus religiösen Gründen und aus Ablehnung der Demokratie. Die Vertreibung der Palästinenser bietet da einen prima Vorwand zum Angriff gegen Israel – dabei sind mit mittlerweile 20 Prozent schon 1,5 Million Einwohner arabischer Abstammung. Israel ist Andersgläubigen gegenüber wesentlich offener, als alle anderen Staaten der Region.
Ihre Existenz müssen die Israelis immer wieder aufs Neue erkämpfen. Niemand kann ihnen verbieten, sich gegen Angriffe zu wehren. Dass es bei diesen Kämpfen auch zu zahlreichen Opfern in der zivilen Bevölkerung kommt, liegt in der Natur des Krieges. Kriege sind immer eine Katastrophe für die Bevölkerung. Doch die Alternative wäre in diesem Fall wohl die Vernichtung Israels und damit letztendlich die Vertreibung oder Ermordung von sechs Millionen Juden.

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1 Kommentar

  1. Ist das Problem Israel/ Palästina nicht doch etwas komlpizierter? Ich wünsche mir nicht die Vernichtung Israels, Aber ich gebe zu bedenken, dass die Palästisenser im Gaza-Streifen schon lange eingepfercht und eingesperrt leben. Unter keinen menschenfreudlichen Bedingungen. Jetzt sowieso unter dem Beschuss der Israelis leiden. Und unter Strom- und Wassermangel. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich doch die gesamte harmlose Zivilbevölkerung herauslassen und ihnen irgendwo Asyl gewähren. Z.B. bei uns. Dann kann die Hamas da alleine wüten.

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